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Der Mensch – die Krönung der Schöpfung?

Aufgrund der Größe und Fähigkeit des menschlichen Gehirns sieht sich der Mensch oft als Krönung der Schöpfung und allen anderen Lebewesen überlegen. Steht der Mensch tatsächlich über allen anderen Geschöpfen, nur weil er in der Lage ist, komplizierte Maschinen zu bauen, Musik zu komponieren oder wunderbare Kunstwerke zu schaffen? Ein Blick auf die Entwicklung unseres Gehirns kann sehr aufschlussreich sein, um zu verstehen, wie wir Menschen funktionieren.

 

Nicht ein Gehirn sondern 5 Entwicklungsstufen

Wie Joseph LeDoux in seinem Buch „Bewusstsein – die ersten 4 Mrd. Jahre“ oder auch Gerald Hüther in seinem Buch „Bedienungsanleitung für das menschliche Gehirn“ schreiben, hat sich unser Nervensystem und Gehirn nach und nach in der Evolution entwickelt. Die evolutionäre Entwicklung des Menschen wird übrigens bei jeder Schwangerschaft durchlaufen. Vereinfacht kann man von 5 Entwicklungsstufen sprechen:

Die erste Entwicklungsstufe und somit älteste ist konnte nur anhand der Biochemie zwischen angenehm und unangenehm unterscheiden. Diese Stufe ist knapp 4 Milliarden Jahre alt und die erste lebende Zelle namens LUCA konnte sich dadurch auf eine Nahrungsquelle zubewegen oder von einer Gefahr wegbewegen.

 

Nervenzellen als zweite Entwicklungsstufe

Die nächste Entwicklungsstufe war die Entstehung von Nervenzellen. Die Lebewesen wurden größer und es war nötig, dass sich die einzelnen Zellen anfingen, zu spezialisieren.

Das bedeutet, die Reize von der Außenwelt konzentriert an einem bestimmten Bereich des Lebewesens wahrgenommen werden konnten und dann über „größere“ Entfernung an einen anderen Bereich des Lebewesens zu dessen Fortbewegungsorganen weitergeleitet werden.

Mit Nervenzellen war es auch erstmal möglich, zu lernen. Selbst einfache Tiere, wie Oktopusse, interagieren mit ihrer Umwelt. Ihr Nervennetzwerk lernt dazu und das schafft ihnen einen Überlebensvorteil. An der Stelle möchte ich dir den Film „Mein Lehrer, der Krake“ aus dem Jahr 2020 ans Herz legen.

Unser Körper enthält ein effizientes, verästeltes Nervensystem, welches nicht zum Gehirn gezählt wird, und dennoch ist es nicht weniger wichtig. Man denke nur an das „Bauchgefühl“, welches dem Nervennetzwerk im Darm zugeschrieben wird oder das autonome Nervensystem, welches alle unbewussten Vorgänge im Körper wie zum Beispiel Herzschlag, Atmung, Verdauung, Blutdruck usw. steuert.

 

Das Reptiliengehirn für instinktives Verhalten

Die nächste Stufe in der Evolution waren die Reptilien, welche neben dem weitverzweigten Nervensystem im Körper auch ein Gehirn als zentrale Einheit im Kopf hatten. Sie haben ein primitives, artenspezifisches Verhalten. Darunter versteht man instinktive Reaktionen, wie z.B. Aggression, Dominanz und Territorialverhalten. Es ist ein starres, festgelegtes und instinktgebundenes Verhalten. Auch wir Menschen kennen diese Art von Verhalten und zwar jedes Mal, wenn wir angreifen, davonlaufen oder erstarren auch bekannt unter fight-flight-freeze.

 

Die Liebe – eine Revolution des Säugetiergehirns

Das Säugetiergehirn war der nächste revolutionäre Schritt in der Evolution. Es ermöglichte erstmals Emotionen, wie z. B. Liebe oder Trauer. Dadurch entstehen soziale Bindungen im Rudel. Das ist unter anderem daran erkennbar, dass das ganze Rudel Jungtiere beschützt. Durch die Hierarchie mit einem Rudel-Anführer ist klar geregelt, wer was darf und wer welche Aufgabe hat. Ein Ausgleich zwischen Geben und Nehmen findet ebenso erst mit der Entwicklung des Säugetiergehirns statt, ganz im Sinne von „pflegst du mir mein Fell, so tue ich das auch.“

Je „jünger“ der entwickelte Teil unseres Gehirns ist, desto langsamer sind die ablaufenden Prozesse, daher kann es vorkommen, dass instinktgebundenes, aggressives Verhalten gegenüber Familienmitgliedern, die man ja eigentlich liebt und sich verbunden fühlt, auftritt. Über Gewalt und Aggression innerhalb der Familie liest man immer wieder in Zeitungen.

 

Der Neokortex als letzte Entwicklungsstufe zum Menschen

Das Säugetier Mensch nimmt einen besonderen Stellenwert ein. Bei ihm ist ein Teil des Gehirns besonders groß entwickelt, den Neokortex, das ist der evolutionär jüngste Teil des Gehirns. Dieser Teil ist dafür verantwortlich, dass wir für die Kommunikation mit Artgenossen nicht nur auf Geruch und Körpersprache angewiesen sind, sondern uns mittels verbaler Sprache verständigen können.

Neben der verbalen Sprache haben wir auch andere komplexe Fähigkeiten erlangt: etwa das Planen von Handlungen in der Zukunft, das Durchspielen verschiedener Handlungsoptionen, das Setzen von Zielen, die Definition der eigenen Person, des Ichs. Tiere können sich an gute Futterplätze erinnern, aber nur der Mensch kann das Erinnern verwenden und mit anderen Informationen oder Erinnerungen kombinieren und eine Handlung in der Zukunft planen. Steinzeit-Menschen konnten sich etwa erinnern, wo sie die letzten Jahre eine Herde Mammuts gesehen hatten und das mit ihrer Erfahrung über die Wetterbedingungen und örtlichen Gegebenheiten kombinieren. So konnte eine Erfolg-versprechende Jagd geplant werden. Unser Gehirn funktioniert heute noch genauso wie damals.

Alle Prozesse, die mit diesem Teil des Gehirns zu tun haben, sind die langsamsten. So kann es passieren, dass wir eine Situation in der Zukunft bis ins kleinste Detail planen, sogar jeden einzelnen Satz überlegen wir uns, um bestmöglich vorbereitet zu sein. Tritt die Situation dann ein und unser Körper meint, dass dies für uns eine Gefahrensituation ist, ist die ganze Vorbereitung weg und wir reagieren mit Angriff, Flucht oder Erstarren.

 

Fazit

Ja, wir Menschen haben zwar große Bereiche im Gehirn dazubekommen und sind damit zu Fähigkeiten imstande, die Tiere nicht können. Und trotzdem ist die grundlegende Funktion von Mensch und Tier dieselbe. Je mehr der Mensch diese neu gewonnenen Bereiche verwendet, desto mehr entfernt er sich von der Natur, zerstört Pflanzen- und Tierwelt und ist sich selbst die größte Gefahr. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, welches aus Lust mordet. Ein mordlüsternes Lebewesen, welches den eigenen Lebensraum nach und nach zerstört. würde ich persönlich nicht unbedingt als die Krönung der Schöpfung bezeichnen, sondern eher wie eine Art, die sich früher oder später ausrottet. Lasst uns stattdessen annehmen, dass wir eine weitere Art unter den Säugetieren sind und lasst uns wieder lernen, als Teil der Natur mit der Natur zu leben.

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