Das Wort „Stress“ ist in aller Munde und bei fast jedem Arzt-Besuch hört man die Worte: „Reduzieren sie ihren Stress, dann wird das schon wieder.“ Doch wie soll das gehen und ist der subjektiv empfundene Stress wirklich der Stress, der uns krank macht?
In diesem Blogbeitrag möchte ich näher auf das Thema „Stress“ eingehen und vor allem, was wir tun können, um entspannter und gelassener durch‘s Leben zu gehen.
Was ist Stress?
Das Wort „Stress“ kommt aus dem Englischen und bedeutet Druck oder Anspannung. Ursprünglich kommt es aus dem Lateinischen vom Wort „stringere“ und bedeutet anspannen. Konkret sind dabei also Situation gemeint, in denen wir uns unter Druck gesetzt fühlen und angespannt sind. Körper und Geist können nicht getrennt werden, so wie uns das oft vermittelt werden soll – beides steht in einem zyklischen Austausch. Mit dem Wissen im Hintergrund ist es ein leichtes, zu verstehen, dass die Anspannung nicht nur mental sondern auch im Körper zu finden ist.
In meinem Blogbeitrag „Das vegetative System – unsere innere Kraft jenseits von Raum und Zeit“, gehe ich darauf ein, was mit uns passiert, wenn wir einer Bedrohung ausgesetzt sind. Natürlich sind die Bedrohungen heute in der westlichen Welt keine gefährlichen Tiere, Hungersnöte oder kriegerischen Auseinandersetzungen mehr, so wie das noch in der Steinzeit der Fall war und dennoch funktioniert der Mensch nach dem gleichen Prinzip wie damals, nur das Mascherl der Bedrohung hat sich verändert.
Es geht immer um‘s Überleben
Menschen sind Rudeltiere so wie das bei einigen Säugetiere, wie z.B. der Wolf zu finden ist. Im Rudel zu leben, brachte dem Menschen mehr Überlebenschancen, nicht nur für das eigene Überleben, sondern auch für das Überleben der Spezies in Form eines gesunden Nachwuchses. Im Rudel zu jagen war effizienter und es konnte so eher sichergestellt werden, dass genug Nahrung vorhanden ist. Im Rudel zu lagern war sicherer, denn man konnte sich mit der Nachtwache abwechseln. Im Rudel wurde der Nachwuchs gemeinsam aufgezogen und beschützt. Durch die sozialen Bindungen im Rudel, in dem sich die Menschen sicher und geborgen fühlten, konnte Entwicklung stattfinden, Ideen wurden geboren und umgesetzt.
Kreativität kann nur fließen, neue Ideen können nur entstehen, ja Lernen an sich ist nur möglich, wenn wir uns sicher und geborgen fühlen oder hattest du schon mal eine wertvolle Idee, wenn du unter Druck gesetzt wurdest? Wie gut hast du dir in der Schule einen Lehrstoff gemerkt, den du unter Druck schnell in deinen Kopf bringen musstest und vielleicht noch Angst vorm Lehrer hattest? Konntest du bei dem Lehrstoff Querverbindungen zu anderen Fächern herstellen? Hm, vermutlich eher nicht.
Aktivierung der ersten Alarmstufe bei einer Bedrohung
Bleiben wir noch in der Steinzeit: Ein Jäger war auf Nahrungssuche und begegnet einem Bären. Sein Alarmsystem schaltet sofort ein und ganz automatisch – ohne nachzudenken oder überhaupt in der Lage zu sein, nachzudenken – entscheidet das vegetative System des Jägers, ob es sich lohnt zu kämpfen. Falls nicht, rennt er weg und bestenfalls läuft er zurück zu seinem Rudel, um mit Verstärkung gegen den Bären zu kämpfen. Glücklicherweise folgt ihm der Bär nicht und er kommt sicher im Rudel an. Dort erzählt er seinen Rudel-Mitgliedern, was er gerade erlebt hat und vielleicht schmieden sie gemeinsam einen Plan, um die Gefahr abzuwenden. Was passiert da in unserm Körper?
Als der Jäger den Bären mit seinen Sinnen wahrgenommen hat, wurde die erste Alarmstufe aktiviert, das sogenannte „sympathische System“ (siehe „Das vegetative System – unser innere Kraft jenseits von Raum und Zeit“). Dieses System gleicht sofort das bisherige Wissen über Bären (vielleicht aus Erzählungen vom Rudel) und die eigenen Erfahrungen ab, kombiniert dieses Wissen mit den eigenen Glaubenssätzen und entwickelt damit „Zukunftsszenarien“, kurz gesagt: das „sympathische System“ schätzt die Situation ab, wie hoch die Überlebenschancen bei einem Kampf oder einer Flucht sind. Da passiert verdammt viel in unseren Nervenbahnen, in unserem Hormon- und Immunsystem, und trotzdem spielt sich das alles innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde ab. Kaum hat der Jäger den Bären wahrgenommen, fließt Adrenalin durch seinen Körper und der Blutdruck und Puls schnellen in die Höhe, seine Muskeln spannen sich an, die Sinne sind geschärft, die Verdauung wird völlig zurückgefahren, usw. Die Gefahrensituation mit dem Bären führt zu einer geistigen und körperlichen Anspannung, die in diesem Fall absolut lebensnotwendig ist.
Bleiben wir bei dem Szenario, dass der Jäger sich und seinem Ego nichts beweisen muss, in dem er kämpft, sondern zurück zu seinem Rudel läuft. Der Jäger läuft nicht in einem gemütlichen Ausdauerlauf, sondern er läuft um sein Leben, er gibt alles und kommt vermutlich ziemlich erschöpft und ausgepowert beim Rudel an. Die Alarmstufe des „sympathischen Systems“ hat den Jäger auch darauf vorbereitet, daher ist diese intensive Bewegung, dieses Auspowern auch notwendig, um die Anspannung wieder abzubauen. Im Rudel angekommen, ist die erste Alarmstufe wieder deaktiviert und das „ventrale System“ ist aktiv, vergleichbar mit „alles in grünem Bereich“. Der Jäger kann in soziale Interaktion mit seinen Rudelmitgliedern gehen, alle fühlen sich sicher und geborgen und so kann das Rudel aus den Erzählungen des Jägers lernen, Ideen für eine Abwehr eines zukünftigen Angriffs des Bären können entstehen, bewertet und umgesetzt werden. Du kennst ja vielleicht den Spruch: „Durch Reden kommen Leute zusammen.“
Aktivierung der zweiten Alarmstufe
Meint unser vegetatives System, dass die Überlebenschancen weder beim Kampf noch bei der Flucht aussichtsreich sind, so erstarrt der Jäger, stellt sich tot. Vielleicht kennst du den Film „The Revenant -der Rückkehrer“, in dem der Hauptdarsteller von einem Bären angegriffen wird und letztlich nur überlebt, weil er sich tot gestellt hat.
Diese Alarmstufe wird nur im äußersten Notfall aktiviert, ist wesentlich energiereicher als kämpfen oder flüchten, denn in diesem Zustand sind unsere Muskeln aufs äußerste angespannt, eben so als wäre man wie zu einer Salzsäule erstarrt. Um diesen Zustand wieder zu deaktivieren, braucht es intensivere Bewegung als bei der Alarmstufe eins.
Du kennst sicher Situationen aus deinem Leben, in denen du erstarrt bist, in denen du sprachlos warst, dein Denken ausgesetzt hat und erst viele Minuten später fällt dir ein, was du sagen hättest können oder wollen. Generell handelt es sich dabei immer um Situationen, in denen man sich hilflos und ohnmächtig fühlt.
Stress ist also überlebensnotwendig?
Für kurzfristige Stresssituationen, also Bedrohungen, sind diese beiden Alarmstufen absolut sinnvoll, denn sie sichern unser Überleben. Heute bleiben viele Menschen in einer der beiden Alarmstufen hängen, aus drei Gründen:
- In der westlichen Welt sind wir viel zu vielen Bedrohungen ausgesetzt und damit meine ich Situationen, die unser vegetatives System als Bedrohung wahrnimmt. Mit dem bewussten Verstand kann da nichts erreicht werden.
- Wir machen zu wenig auspowernde Bewegung, um die Energie der Alarmstufen wieder abzubauen.
- Wir treffen viel zu wenig Menschen persönlich, zu denen wir eine soziale Bindung haben. Sorry, aber Facebook-Freunde zählen da nicht dazu. Video-Chats und Telefonate sind auch nur eine bedingte Krücke und ersetzen das persönliche Treffen von Freunden und Familie nicht.
Daher kommt es, dass heute immer mehr Menschen unter stressbedingten Krankheiten leiden, wie zum Beispiel hoher Blutdruck, Herzbeschwerden, schwaches Immunsystem, Stoffwechselstörungen, Verdauungsschwierigkeiten, usw.
Doch keine Sorge, du kannst etwas für dich und deine Gesundheit tun, damit es gar nicht erst zu stressbedingten Krankheiten kommt. Was genau, findest du in dem Blogbeitrag „Stress lass nach“.