Das Syndrom„Burnout“ wurde in den letzten Jahrzehnten vermehrt populär und immer mehr Menschen erhalten von ihrem Arzt die Diagnose „Burnout“.
In diesem Blogartikel möchte ich meine Sicht dazu darlegen.
Eine Modeerscheinung?
1974 wurde das Burnout-Syndrom erstmals vom amerikanischen Psychologen Herbert Freudenberger beschrieben. Seitdem hat sich dieses Syndrom zu einer sehr häufig gestellten Diagnose entwickelt und auch immer mehr junge Menschen erhalten diese Diagnose.
Unter Burnout versteht man ein „Ausgebrannt-Sein“ und ist auch unter dem Begriff „chronische Erschöpfungsdepression“ bekannt, was schon ein bisschen mehr über diesen Zustand verrät. Früher war man der Meinung, dass nur Menschen mit einem sehr anspruchsvollen Job davon betroffen sind. Heute weiß man, dass jeder Mann und jede Frau davon betroffen sein kann und sich dieses Syndrom nicht nur auf den Beruf beschränken lässt. Frauen, die zu Hause Angehörige pflegen, können davon genauso betroffen sein, wie junge Menschen, die gerade erst am Beginn ihrer Berufslaufbahn stehen.
Der Gedanke, dass Burnout und der Weg dorthin eine Modeerscheinung sein könnte, beschlich mich zum ersten Mal vor einigen Jahren. Es war angesagt, im Job permanent mehr als 100% zu leisten und gleichzeitig ein ausgefülltes, aktives Privatleben zu haben. Eine andere Lebensweise wurde mit den Eigenschaften faul, nicht ehrgeizig oder zielstrebig bezeichnet. Burnout wurde fast schon als Auszeichnung für herausragenden beruflichen Einsatz betrachtet.
Die Generation der Leistungssteigerung, Effizienz und Selbstoptimierung
Wir leben in einer Welt, in der Leistungssteigerung, Effizienz und Selbstoptimierung hoch gehalten werden. Das beginnt schon im Kindergarten indem unsere Kinder mit geplanten Freizeitaktivitäten vermeintlich gefördert werden. So lernen wir von klein auf, uns den ganzen Tag aktiv zu halten und Ruhephasen nur auf Knopfdruck zu erlauben. Beruflich wie auch privat werden Ziele gesteckt und Strategien erarbeitet, diese auch zu erreichen – Selbstoptimierung selbst in den intimsten Bereichen unseres Lebens. Mensch sein reicht nicht mehr, sondern es gilt das Beste aus sich heraus zu holen.
Vor ein paar Jahren kam dann die Work-Life-Balance ins Spiel und Menschen begannen, Zeit zum Entspannen fest im Terminkalender einzuplanen – der jährliche Sommerurlaub, fixe Yoga-Stunden im Fitnesscenter oder fixe Zeiten zum Meditieren zu Hause, usw. Seit Jahren kamen dann noch das Muss für gesunde Ernährung und regelmäßigen Sport hinzu, um en vogue zu sein und zu einer bestimmten Gesellschaftsschicht dazu zu gehören.
In meinem privaten Umfeld fällt mir seit ein paar Jahren auf, dass es immer schwieriger wird, Freunde oder Bekannte spontan zu treffen. Der Terminkalender von jedem einzelnen ist voll mit diversesten Aktivitäten und zum Teil muss so ein Treffen mit Freunden wochenlang im Voraus geplant werden.
Aktivität und Passivität
Wer meinen Blogbeitrag über das vegetative System kennt, weiß, dass es unterschiedliche Bereiche des Vagusnervs gibt. Ein voller Terminkalender mit egal welchen Terminen lässt unsere erste Alarmstufe aktiv werden – unsere Muskeln spannen sich an, Puls und Blutdruck erhöhen sich, Stoffwechsel und Libido verringern ihre Aktivität, usw. Selbst wenn du nach der Arbeit, den Kindern, dem Haushalt und was da noch alles zu tun ist, endlich Zeit hast, deine geplante Yoga-Stunde oder Meditations-Einheit zu machen, hilft das deinem Organismus nicht, die zuvor angestaute Energie auch wieder abzubauen. Der Teil des Vagusnervs, der für echte Erholung und Entspannung sorgt, lässt sich nicht auf Knopfdruck aktivieren und schon gar nicht mit so viel aufgestauter Energie in unserem System.
Hilflose Resignation
Burnout ist für mich ein Zustand der hilflosen Resignation, ein körperlicher und mentaler Zustand, der erreicht wird, indem man seinen Organismus über einen längeren Zeitraum hinweg auf Vollgas fährt, ohne darauf zu achten, sich selbst eine Pause zu gönnen, wenn es nötig ist. Ein voll durchgeplanter Terminkalender, egal ob beruflich oder privat, in Kombination mit deinen eigenen Glaubenssätzen und Werten der Gesellschaft, setzt dich permanent unter Druck und erzeugt Stress. Da helfen auch gut gemeinte „Aktivitäten“ der Entspannung zwischendurch nichts.
Was kannst du nun tun?
Ein Patentrezept dafür gibt es nicht, denn jeder Mensch ist individuell und einzigartig. Wenn du das Gefühl hast, auszubrennen oder auf dem Weg in eine Erschöpfungsdepression zu sein, hole dir bitte rasch professionelle Hilfe. In einem 1:1-Setting können deine Glaubenssätze und Werte erarbeitet werden und vor allem hinderliche Glaubenssätze aufgelöst werden. Was aber noch viel wichtiger ist, in einem 1:1-Setting kann mit körperorientiertem Arbeiten, deine aufgestaute Energie der ersten Alarmstufe abgebaut werden und du wirst erleben, wie sich echte Erholung anfühlt.
Fürs erste empfehle ich dir, dich am Abend vor dem Schlafengehen, wenn du schon im Bett liegst, ein paar Minuten deinem Körper und Geist zu widmen. Geh deinen Körper von Kopf bis Fuß durch und achte darauf, was du spürst. Wie schnell schlägt dein Herz, wie fühlt es sich an, wenn du deinen Brustkorb und Bauch mit Luft füllst, wie fühlen sich deine Schultern an, was spürst du im Bauch, in deinem Unterleib, in deinen Beinen? Achte dabei auch auf deinen Geist – rasen deine Gedanken wild im Kopf umher, herrscht da eine unangenehme Leere oder bleibt ein bestimmter Gedanke fest in deinem Kopf verankert? Mit diesem kurzen Innehalten am Ende des Tages bekommst du ein gutes Gefühl dafür, in welchem Zustand du bist und vielleicht erkennst du, dass du auf dem Weg bist, auszubrennen.