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„Nein sagen“ erlernbar oder angeboren?

Kürzlich habe ich einen Artikel gelesen, in dem es darum ging, „Nein sagen“ zu lernen. So, als ginge es darum, schreiben und lesen zu lernen, wurden Strategien vorgestellt, wie man sich anderen gegenüber besser abgrenzen kann und das „Nein sagen“ somit leichter gehen soll.

Immer wieder tun wir Dinge, die wir eigentlich gar nicht tun wollen, doch wir schaffen es nicht zu sagen: „Nein danke, das möchte ich nicht tun.“ Stattdessen setzen wir ein Lächeln auf und sagen: „Aber gerne doch.“ Im Nachhinein ärgern wir über uns selbst und nehmen uns vor, anhand der gelernten Strategie das nächste Mal klipp und klar „Nein“ zu sagen. Doch das nächste Mal antworten wir wieder mit „Ja, gerne doch.“

Warum klappt das nicht, obwohl wir doch die Strategie und den 5-Punkte Plan befolgt haben? Nun, das liegt daran, wie sich unser Gehirn und Nervensystem in der Evolution entwickelt hat. Etwas Neues anhand von Worten und Strategien zu lernen, passiert in dem Gehirnteil, der in der Evolution des Menschen als letztes entstanden ist und somit noch nicht allzu lange die Prüfung der Evolution durchlaufen hat. Es gibt andere Reaktionsmechanismen, die wesentlich älter sind und somit die Erfolgsprüfung der Evolution viel öfter durchlaufen sind. Diese Reaktionsmechanismen sind nicht rein menschlich, sondern sind so alt, wie die Evolution des Lebens selbst, nämlich 3,8 Milliarden Jahre.

Die Fähigkeit, sich abzugrenzen, Nein zu sagen, können wir nicht erlernen, so wie wir Fahrrad fahren oder lesen lernen. Diese Fähigkeit, frei zu sein, ist uns angeboren, so wie bei jedem anderen Lebewesen auch. Das beste Beispiel dafür sind Katzen – sie wissen und spüren ganz genau was sie wollen und was sie nicht wollen. Daher gelten sie auch als eigensinnig. Die Fähigkeit, sich abzugrenzen, ist uns angeboren. Säuglinge kommunizieren mit ihrem Körper und mit ihrer Stimme, um ihre Bedürfnisse mitzuteilen und mit ihrem Umfeld in Kontakt zu treten. Sie teilen uns damit mit, ob sie hungrig oder satt sind, ob sie Schmerzen haben oder ob es ihnen gut geht. Empathische Eltern spüren intuitiv, was ihr Baby braucht oder nicht braucht, sie brauchen keine Ratgeber oder Anleitungen.

Babys wachsen heran und treten dabei Tag für Tag mit ihrem Umfeld in Beziehung. Dabei übernehmen sie unbewusst die Werte und Glaubenssätze der Familie, der Gesellschaft und Kultur, was sie immer weiter in ihrer Freiheit zu sein einschränkt. Dabei geht die angeborene Fähigkeit, Nein zu sagen, immer mehr verloren. Irgendwann spüren wir gar nicht mehr was wir wollen oder nicht, weil der Kontakt zu unserem Körper und zu unseren Bedürfnissen immer verloren gegangen ist. Das hat all die Zivilisationskrankheiten zur Folge, die jeder von uns heute kennt: schwaches Immunsystem, Stoffwechselstörungen, Fruchtbarkeitsprobleme, chronische Verspannungen, Haltungsschäden, Kopfschmerzen, Erschöpfungszustände, …

„Nein sagen“ kann man nicht lernen, sondern es geht darum, diese angeborene Fähigkeit wieder zu erlangen. Im ersten Schritt geht es darum, den Kontakt zu unserem Körper wieder herzustellen, sodass Körper und Geist wieder eine funktionierende und harmonische Einheit sind. Das geht am leichtesten in der Basisposition, wie ich sie nenne. Diese Position ist von Säuglingen abgeschaut, denn Säuglinge spüren sich noch und können sich nur über ihren Körper ausdrücken.

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